PROGRAMM

Vortrag
Di | 20.11.2018 | Beginn 19:00 Uhr

Wachsende Stadt, entfesselter Bodenmarkt

Stephan Reiß-Schmidt (München)
Spekulationsobjekt Boden
Wem gehört die Stadt?

Wohnen wird – zumindest in den attraktiven Lagen der Großstädte – zunehmend
zum Luxus, die Angst vor Verdrängung aus angestammten Wohnungen und Nachbarschaften ist weitverbreitet. Dafür gibt es drei maßgebliche Gründe: die - auch durch Zuwanderung - stark gestiegene Nachfrage, die durch immer höhere Standards gestiegenen Baupreise und schließlich die dramatisch, aber regional unterschiedlich gestiegenen Bodenpreise.
Letztere sind aktuell Thema einer Debatte geworden: es werde zu wenig Bauland ausgewiesen und, noch wichtiger, Bauland werde von Spekulanten erworben, dann brach liegen gelassen, weil der Wert des Bodens schneller steige als der für fertige Häuser. Dieserart „leistungslose Gewinnabschöpfung“ steht in der Kritik. So urteilte das Bundesverfassungsgericht bereits 1967: „Die Tatsache, dass der Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der Kräfte ... zu überlassen.“
Die AG Stadtleben präsentiert in zwei Veranstaltungen den Stand der Diskussion zur Bodenfrage:


München ist in mehrfacher Hinsicht ein Beispiel für wohnungs- und bodenpolitische Innovationen in Deutschland. Seit Jahren führt die wachsende Stadt die Rangliste der Wohnungs- und Immobilienpreise in deutschen Städten an. Zugleich war München seit den 1960er Jahren ein Vorreiter bei der Weiterentwicklung von Strategien und Instrumenten einer sozialen Stadtentwicklung. Das alle fünf Jahre fortgeschriebene Handlungsprogramm „Wohnen in München“ ist das größte kommunale Wohnungsbauprogramm in Deutschland und gilt bis heute als vorbildlich. Mit den „Verfahrensgrundsätzen der sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN)“ hat München seit 1994 konsequent bei jeder Neuschaffung von Baurecht die Eigentümer mit bis zu zwei Dritteln der Bodenwertsteigerungen am geförderten Wohnungsbau sowie an der Erstellung sozialer Infrastruktur und öffentlicher Grünflächen beteiligt. Nicht zuletzt ist München in der Person des ehemaligen Oberbürgermeisters Hans-Jochen Vogel mit politischen Bemühungen um eine Reform des Bodenrechts verbunden. Er führte als Bundesbau- und Bundesjustizminister in den 1970er Jahren einen letztlich vergeblichen Kampf für die Einführung eines Planungswertausgleichs. Bis heute tritt er unermüdlich für ein gemeinwohlorientiertes Bodenrecht ein.
Stephan Reiß-Schmidt beleuchtet vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als langjähriger Leiter der Münchner Stadtentwicklungsplanung Erfolge und Grenzen der Münchner Wohnungspolitik und skizziert als aktives Mitglied der „Münchner Initiative für ein soziales Bodenrecht“ Eckpunkte einer bodenpolitischen Wende.

www.ag-stadtleben.de
Newsletter-Anmeldung