PROGRAMM

Konzert
Mo | 04.02.2019 | Einlass 19:15 Uhr | Beginn 20:00 Uhr

Holly Cole • Songbirds

Holly
Sie war ein wenig vom Radar verschwunden in den letzten Jahren. Das großartige Konzeptalbum „Night“ (2012) war das bislang letzte Lebenszeichen des „recording artist“ Holly Cole. Als Performerin jedoch war sie aktiv wie eh und je. Jetzt gibt es mit „Holly“ ein Wiederhören mit dieser famosen Jazz-Stimme aus Kanada. Ein Grund zur Freude für viele, die die temperamentvolle Künstlerin schätzen gelernt haben in den mittlerweile dreißig Jahren ihrer Karriere. Holly Cole war immer ein Garant für künstlerische Integrität und musikalische Qualität. Daran hat sich nichts geändert. „Holly“ untermauert die Fähigkeit der Kanadierin, sich Songs wirklich zu eigen zu machen. Sie von innen heraus neu zu beleuchten.

„Temptation“ hieß das Album, das für viele Jazz- und Popliebhaber in Europa den Einstieg in die musikalische Welt von Holly Cole lieferte. Ein Album mit Songs von Tom Waits (und Kathleen Brennan), erschienen im Jahr 1995. Von Craig Street produziert, unter anderem im New Yorker „Sear Sound“ Studio. Ein dadurch positiv belasteter Ort, an den Holly Cole jetzt zurückkehrte für die Produktion der neuen Song-Kollektion. Das Ganze unter Federführung einer amerikanischen Produzentenlegende: Russ Titelman (73). Viele Jahre war er als Vertragsproduzent eines US-Majors im Studio aktiv mit Legenden von Randy Newman bis Ry Cooder, von Steve Winwood bis Eric Clapton. Heute ist der Mann aus Los Angeles freier Produzent mit eigener Firma. Ausgestattet mit zahllosen Kontakten in die Top-Liga der amerikanischen Studio-Szene. Natürlich …

Zu dieser Liga gehört heute auch der umtriebige Pianist und Organist Larry Goldings, der hier im New Yorker Anteil der Aufnahmen zusätzlich als Arrangeur fungierte. Diese Aufnahmen wurden ergänzt durch einige Songs, produziert in Toronto, unter Mitwirkung alter Weggefährten wie Pianist Aaron Davis und Bassist David Piltch – schon bei „Temptation“ tragende Säulen des musikalischen Geschehens. Für die Sängerin war das Projekt „Holly“ damit eine Kombination aus Wiedersehen und Entdeckung, ein Sichanvertrauen sowie eine Feier langer Freundschaften gleichzeitig. Der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser, gleichzeitig die Feier eines gemeinsam zurückgelegten Weges. Das Resultat ist ein wunderbar stimmiges und warmes Vokaljazz-Album mit Songs des klassischen American Songbook im Zentrum des Repertoires.

„Subtext is my friend …“ hat Holly Cole immer wieder gesagt über ihren grundsätzlichen Ansatz, verborgene emotionale Unterströmungen eines Songs zutage zu fördern. Diese Haltung hat sie nie aufgegeben, doch die Kanadierin stellt sie hier nicht so heraus wie in der Vergangenheit. „Holly“ ist kein Konzeptalbum wie „Night“ oder „Shade“ von 2003. Man hört hier schlicht elf Songs von zeitloser Qualität, interpretiert von einer Sängerin, die mehr als nur eine Handvoll von Schattierungen in ihrem Timbre zu bieten hat. "Vor allem ihre Verspieltheit und die schiere Freude am Singen für ein Publikum erinnert mich an Ella Fitzgerald", wie André Menard betonte. Der Chef des Internationalen Jazzfestivals von Montréal verlieh der im ostkanadischen Halifax geborenen Holly Cole den renommierten Ella Fitzgerald-Award im Jahr 2013.

Diese Qualitäten kann man auf „Holly“ neu entdecken oder sich wieder in Erinnerung rufen. Besonders auffällig dabei der ästhetische Gleichklang im Ansatz von Tastenmann Larry Goldings und Holly Cole. Beide hatten sich vorher nie getroffen, harmonierten aber sofort. Goldings brachte seine – u.a. als langjähriger Pianist in der Band von James Taylor und als Organist seines eigenen Jazz-Trios – erworbenen Fähigkeiten als sensibler Begleiter auf brillante Art und Weise ein. Als bewusster Minimalist und hochmusikalischer Ausgestalter mit Augenmerk auf ein „Weniger ist mehr“. Beispiele dafür sind das Vokal/Piano-Duett „It Could Happen To You“ oder auch die abschließende Vokal/Hammond-B3-Kombination bei „Lazy Afternoon“. Auch die Zusammenarbeit mit dem Posaunisten und Sänger Wycliffe Gordon brachte besondere Resultate in Form zweier Vokal-Duette bei „I Was Doing All Right“ und „I Could Write A Book“.

Anders als bei älteren Projekten stellt Holly Cole hier die Songs des Great American Songbook heraus. Ewige Glanzlichter amerikanischer Pop-Kompositionskunst und immer wieder dankbare Objekte für Improvisatoren: „I’m Beginning To See The Light“, „They Can’t Take That Away From Me“, oder entlegenere Songs wie Mose Allisons „Your Mind Is On Vacation“. Letzteres von Holly Cole mutig in Bezug zur aktuellen Gender-Debatte gesetzt. Doch nicht die politischen Probleme der Gegenwart sind hier Gegenstand des Geschehens, es ist die reine Freude an der Musik. Vor allem an Musik mit Improvisationsanteilen. Denn Holly Cole ist immer noch im Kern eine Jazzsängerin. Sie liebt es, ihre Aufnahmen in nur wenigen Takes zu machen und so Spontaneität zu dokumentieren. Dazu den Funken einzufangen, der überspringen kann in der gegenseitigen Interaktion und in Momenten gemeinsamer Entdeckung. Die Essenz eines Songs zu finden und spielerisch zu gestalten – das ist eines der großen Talente von Holly Cole, immer noch ein nationaler Jazzschatz aus Kanada.

Nicht zuletzt hört man hier – besonders im kanadischen Teil des Albums – die Feier von Qualitäten wie Loyalität, Empathie und Freundschaft. Auch das ist angelegt im Geist des Jazz à la Holly Cole. Sie widmet das Album ihrer verstorbenen Mutter. Die konnte man in der Filmdoku zum Album „Steal The Night“ (2011) über ihre berühmte Tochter sagen hören: „Holly hat sich immer ihren eigenen Weg gesucht.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert. Holly Cole beschreitet diesen Weg weiter, mit viel Können und einem außerordentlichen Talent im Studio wie auf der Bühne.
Mit „Holly“ ist sie jetzt zurück auf dem Radar. Ein echter Grund zur Freude.

Holly Cole (vocals)
Aaron Davis (piano)
John Johnson (clarinet, bass clarinet, saxophone)
George Koller (bass)
Davide DiRenzo (drums)

www.hollycole.com
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